relitogo.de

Der Christentumkoffer – Lernchancen durch Gegenstände des Christentums

Digitalität hat ihre Grenzen. Patrick stellt euch vor, welche Lernchancen der Christentumkoffer bietet.

Patrick schreibt heute für euch.

Schon länger verwenden wir an der Schule im Religions- und Ethikunterricht eine Sammlung  mit Gegenständen, die für das religiöse Leben muslimischer und jüdischer Menschen wichtig sind. Die Gegenstände machen den Schüler*innen wesentliche Praktiken dieser Religionen anschaulicher und „greifbarer“.

Ein Christentum-Koffer

Zentrale Gegenstände für Christ*innen
Zentrale Gegegenstände für Christ*innen

Im letzten Jahr haben wir auch einen „Christentum-Koffer“ zusammengestellt: eine Bibel, ein Gotteslob, eine Taufkerze, ein (Kommunions-)Kreuz, eine Glückwunschkarte zu Firmung und Konfirmation. Die Sammlung wird ständig aktualisier.

Wie sinnvoll ist eine solche Sammlung? Lässt sich der Inhalt des christlichen Glaubens überhaupt in einen Koffer packen, wie ein Handelsvertreter es mit Produkten tut, die er seinen Kunden verkaufen möchte? Besteht dabei nicht die Gefahr, dass die Schüler*innen der Illusion erliegen, der christliche Glaube erschöpfe sich in diesen Gegenständen?

Christentum – fremd, vertraut oder unbekannt?

Und ist so etwas in der eigenen Religion überhaupt nötig? Während das Judentum den meisten Schüler*innen fremd ist, gehören Kreuz, Kerze und Bibel nicht doch in einer zumindest historisch und kulturell christlich geprägten Welt zum Alltag. Oder etwa nicht? Ohne Anspruch auf Allgemeingültigkeit erheben zu wollen, gehen meine Beobachtungen aus den letzten Jahren doch eindeutig in eine andere Richtung. Schüler*innen, die am (katholischen) Religionsunterricht teilnehmen, sind zunehmend kaum oder gar nicht religiös sozialisiert. Religion und Glaube spielen in ihrem familiären Alltag keine Rolle mehr. Manche Schüler*innen kennen einige Geschichten noch aus dem Religionsunterricht der Grundschule. Mir kommt es dann oft so vor, als wüssten die Schüler*innen mehr über den Islam oder das Judentum als über die eigene Religion. Religionsunterricht hat aber auch die Aufgabe, den Schüler*innen Grundwissen über ihre eigenen Wurzeln und ihre eigene Religion zu vermitteln.

Christlicher Glaube – nicht nur Worte

Der christliche Glaube ist kein reines Gedankenkonstrukt oder einfach eine besondere Art der Philosophie, sondern er äußert sich eben auch in der durch Riten und Symbole geprägten Gemeinschaftlichkeit der Christen. In Anlehnung an ein bekanntes Kant-Zitat ließe sich in Bezug auf den christlichen Glauben sagen, dass zwar Objekte und Symbole ohne Begriffe blind sind. Gleichzeitig sind aber auch Gedanken ohne ihre Konkretisierung in Riten und den dazugehörigen Objekten leer. Ein Christentum-Koffer kann also ermöglichen, für die Schüler*innen erfahrbar zu machen, dass auch die christliche Religion nicht nur ein Gedankenkonstrukt ist, sondern auch eine konkrete, (an)fassbare Seite hat und in Praxis und Ritus verankert ist. Er kann das Christentum in seiner alltäglichen Ausprägung wortwörtlich ‚greifbar‘ machen.

Koffer der Pandora?

Damit aus einem solchen Koffer nicht der Koffer der Pandora wird, besteht die große Herausforderung für die Religionslehrer*innen darin, zu vermitteln, dass sich christlicher Glaube gerade nicht in diesen Riten, Objekten und Symbolen erschöpft, sondern dass diese nur Ausdruck einer umfassenderen Größe sind, durchaus im Sinne des Goethe‘schen Definition von Symbolik, in der „das Besondere das Allgemeine repräsentiert, nicht als Traum und Schatten, sondern als lebendig augenblickliche Offenbarung des Unerforschlichen.“ (Maximen und Reflexionen, 364) Greifbar gemachter christlicher Glaube gleichsam als Sprungbrett in das weite und tiefe Becken der eigentlichen Inhalte des Glaubens.

Fremdheit der Gegenstände als Lernchance

Manche der im Koffer vorhandenen Gegenstände können durch ihre Fremdheit eher irritieren als faszinieren, in einer (scheinbar) technisch-rationalen Welt mehr lächerlich wirken, anstatt Tiefgründiges zu vermitteln. Auch hier ist sicherlich Fingerspitzengefühl der Lehrenden gefragt. Gleichzeitig besteht aber auch die Chance, dass gerade die Fremdheitserfahrung zu Auseinandersetzung führen kann. Das wäre Provokation im wörtlichen Sinne: Herausrufen der Schüler*innen aus ihrer gewohnten Herangehensweise an die Welt, Konfrontation mit einer Wirklichkeit, die gerade in ihrer Fremdheit oder scheinbaren Obsoleszenz ganz neue Perspektiven auf den Glauben im Speziellen und die Wirklichkeit im Allgemeinen bietet.

Weitere Anregungen für den Christentum-Koffer findest du hier:

https://www.ekir.de/bonn/vksv/sr/lernmaterialien/lernkoffer-evangelische-kirche.php

https://www.schulreferat-essen.de/index.php?nav=lern&con=lern/lernkoffer

Anregungen zur Arbeit mit dem Koffer für Judentum und Islam gibt es hier.

https://www.ku.de/rpf/besondere-angebote-und-projekte/die-religionskoffer

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert